Westwall - ordre, 14,12.1941

Oberkommando der Wehrmacht 14.12. 1941
WFSt / Abt. L (I Op)

Nr. 003022/41 g.1

Betr.:  Küstenverteidigung

Vorg.:  OKW/WFST/Abt. L (I Op) 002452/41 g.K. I. und II. Ang. von 23.10. und 3.11.41

Auf Grund der vorgelegten Übersichten über den Stand der Küsten­verteidigung hat der Führer befohlen:

1.) Die von uns beherrschten Eismeer-, Nordsee- und Atlantik - Küstenbereiche sind im Endziel zu einem “neuen Westwall” auszubauen, um dann bei möglichst geringem Einsatz ständig festgelegter Feldtruppen mit Sicherheit jedes feindliche Landungsunternehmen auch stärkster Kräfte abwehren zu können.

2.) Vorläufig zwingt uns jedoch die starke anderweitige Bean­spruchung unserer Kräfte und materiellen Mittel zur Be­schränkung des Ausbaues nach folgenden Gesichtspunkten:

a) Fortsetzung des feldmäßigen Ausbaues und stützpunktartiges Verstärken der gefährdetsten Stellen durch ständige Kampfanlagen.

Verstärkung der weitreichenden Küstenartillerie an den Stellen, die auf Grund der geographischen Bedingungen dem Feinde Anreiz zur Brückenkopfbildung und weiterem Vor­dringen bieten, sowie an denjenigen Punkten, deren Unver­sehrtheit und Sicherheit für uns von besonderem Wert sind, vie z.B. die wichtigeren Häfen, Zufluchts- und Zwischen— Stützpunkte, besonders in den norwegischen Fjorden, und wichtige militärische und wirtschaftliche Objekte in Küstennähe.

‘1 Der Forderung auf Ausbau der Küstenverteidigung ist durch Ob.d.L. im Rahmen der gesamten Luftverteidigung des Deut­schen Reiches und der besetzten Gebiete durch schwerpunktmäßigen Einsatz von Luftverteidigungskräften in den stark luftgefährdeten Küstengebieten Rechnung zu tragen.

Die für die unmittelbare Abwehr von Landungsunternehmungen durch Küstennahen Einsatz geeigneten Luftverteidigungseinheiten sind kalendermäßig in die Verteidigungsmaßnahmen des Heeres bzw. der Kriegsmarine einzugliedern. Hierbei können Flak-Batterien unmittelbar an der Küste in die arti11eristische Verteidigung einbezogen und, soweit es die jeweilige Luftlage erlaubt, für die Landungsabwehr nach See nutzbar gemacht werden.

Zur personellen Einsparung ist die Frage der zusätzlichen Ausstattung einzelner Küstenbatterien mit ortsfester Flak zur Abwehr feindlicher Fliegerangriffe und eine dementsprechende zusätzliche Ausbildung durch Ob.dL. in Verbin­dung mit den arideren Wehrmachtsteilen zu prüfen.

d) Die Durchführung im Gange befindlicher oder geplanter Operationen und die übrigen bereits angeordneten Rüstungsvorhaben dürfen durch diese Maßnahmen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

e) Die z.Zt. im Küstenschutz eingesetzten Kräfte müssen im Ganzen zur Verteidigung ausreichen. Ihre Zahl ist im Zuge der schrittweisen Verstärkung zu verringern.

2.) Für die Reihenfolge des Ausbaues gelten folgende Richtlinien:

a) Unabhängig von den bereits früher getroffenen Anordnungen steht Norwegen in der ersten Dringlichkeit, da hier die geographischen und klimatischen Gegebenheiten sowie die Verkehrsverhältnisse den Einsatz beweglicher Reserven und deren Zuführung erschweren und auch den Einsatz starker a Land reichenden Fjorde, die besondere in Norden wichtig ~ Verkehrsverbindungen schneiden, sowie die abseits gelegenen, aber wichtigen, küstennahen Objekte ständigen Anreiz zu Unternehmungen. Neben diesem verstärkten Bedürfnis einer unbedingt sicheren­ *

Landungsabwehr tritt die Erfordernis, den Küstenver kehr durch Abschnürung der Schären-Fahrwasser nach See zu und durch immer engerer Verdichtung der schützenden


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Zufluchtshäfen ständig besser zu sichern. Eine längere, durch den zur See Überlegenen Feind erzwungene, Unterbrechung des Seeverkehrs an der Küste würde in Norwegen z.Zt. die schwersten Folgen haben.

Aus diesen Gründen ist neben dem reinen Verteidigungsausbau in Norwegen die Verbesserung der Landverbindungen in gleicher Dringlichkeit zu fördern.

1,) In nächster Dringlichkeit steht die französisch-belgische Küste einschließlich der vorgelagerten Inseln, besonders die Teile am mittleren Kanal von der Schelde bis westlich der Seine-Mundung und am Atlantik südlich Brest und von Qiberon bis zur Gironde, wo die geographischen Verhältnisse einer Landung günstig sind.

Nächstwichtig ist die Schaffung von Verteidigungsanlagen in den vorspringenden Teilen der Normandie und Bretagne, die zwar seemännisch schwierig sind, jedoch landoperativ und wegen der dort liegenden wichtigen und großen Häfen zu Brückenkopfbildungen anreizen.

Bereits befohlene Maßnahmen für die britischen Kanalinseln werden durch diesen Befehl nicht berührt.

c) An dritter Stelle folgen die offenen hol1ändischen und west- bzw. nordjütischen Küsten, die einer Landung günstig sind. Lediglich die Jammer-Bucht weis noch bessere Bedingungen auf.

d) In letzter Dringlichkeit zu berücksichtigen ist die Deut­sche Bucht und die hinter den westfriesischen Inseln gelegene nordholländische Küste, wo die äußerst schwierigen Fahrwasserverhältnisse der beste Schutz sind. Die vorgelagerten Inseln, bei denen die navigatorischen Ver­hältnisse eine feindliche Annäherung möglich erscheinen

 

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Slassen, sind so zu schützen, daß sie Handstreichunternehmen gewachsen sind.

e) Der Küstenschutz der Ostsee kann zugunsten des Einsatzes an anderer Stelle weiter abgebaut werden, jedoch muß an den Eingängen eine Verteidigung vorhanden sein, die jederzeit den sicheren Abschluß der Ostsee gewährleistet. Die Verteidigungsanlagen der ostjütischen Küste südlich Frederikshavn sind vorläufig nicht weiter zu verstärken.

f) Die Notwendigkeit, unter Einsatz beschränkter ?Mittel in weiten Räumen ein Höchstmaß an Nutzleistung zu erzielen, zwingt zu schärferer Zusammenfassung der Leitung, als in der grundlegenden Anordnung “Zusammenfassende Richtlinien für die Kampfführung an den Küsten” (OKW 627/41 g.K. WFST/Abt. L,.(II Org) vom 3.5.141) vorgesehen ist. Daher wird mit der Federführung bei der Planung der Küstenverteidigung der Ob.d.H. unter Beteiligung der anderen Wehrmachtsteile sowie der Wehrmachtsbefehlshaber beauftragt.

Der Ob.d.H. bleibt dabei verantwortlich für die Berücksichtigung der Belange der Seekriegsführung, des Seeverkehrs und die artilleristische Verteidigung nach See zu. Mit der Durchführung des Ausbaues wird der Ob.d.H. beauftragt. Er erhält in Durchführung dieses Auftrages Weisungsrecht gegenüber den beteiligten Dienststellen der Wehrmachtteile, den Wehrmachtsbefehlshabern und den hierbei eingesetzten Teilen der Organisation Todt.

Für die Maßnahmen an der deutschen Nordseeküste bleibt der Ob.d.M. alleine zuständig.

Die Maßnahmen der Luftverteidigung bleiben in den Händen des Ob.d.L.

5.) Für die Arbeitsausführung werden Kräfte durch den Reichsmi­nister Dr. Todt eingesetzt.

Die materiellen Mittel sind vom O.K.W. bei Wi Rü Amt

anzufordern und entsprechend den Richtlinien gem. Ziff. 2.)

zur Verfügung zu stellen.

6.) Ob.d.H. wird gebeten, die Ausbauplanung an O.K.W. vorzulegen, ohne daß hierdurch der praktische Arbeitsbeginn abhängig zu machen ist.

Der Chef des Oberkommando der Wehrmacht