1943, 1.4. - 31.5.
Tätigkeitsbericht der Abt. Ia für die Zeit vom 1.4. – 31.5.1943.
I.) Truppengliederung und Kräfteverteilung
Anfang Mai teilte OKW mit, dass die 71. Inf.Div. voraussichtlich ab 15.6. nach einem anderen Einsatzraum verlegt werden würde. Dafür sei vorgesehen, die bis zum 1.8. für bodenständigen Einsatz aufzustellende 20. Luftwaffen-Felddivision in Dänemark zu belassen.
Da die 71. inf.Div. bisher die Masse der Angreifsreserve des Befehehslahbers bildete, während die 20. Luftwaffen-Felddiv. vornehmlich für die Verteidigungn von Anlagen der Luftwaffe bestimmt und einsatzmässig dem Luftgaukdo. XI unterstellt worden war, wurde an letzeres die Forderung gestellt, im Bedarfsfall ohne weiteres und sofort die Zustimmung zu einem Einsatz der Division zu einem Einsatz der Division durch den Bef.Dänemark zu geben.
Ausserdem wurde bei Luftwaffen-Befehlshaber Mitte um eine beschleunigte Zuführung des fehlende Personals (40% der Sollstärke an Uffz. und Mannschaften) gebeten, da die 20. Luftw.Felddiv. den von der 71. Inf.Div. zu übernehmenden Einsatzaufgaben in ihrer jetzigen Stärke nicht gerecht werden könne.
Ende Mai ging vom OKW der weitere Befehl, zu Aufstellung der 334. Inf.Div. das II./Gren.Rgt. 191 als Volleinheit, eine leichte und eine schwere Batterie, 2./Åz.Jg.Abt. 171 (mot.Z), 13./Gren.Rgt.194 und einige Nachschubkompanien als Personaleinheit abzugeben und AOK I zuzuführen. Es wurde gleichzeitig bestimmt, dass diese von der 71. I.D. abzugebene Einheiten mit Ausnahme des Gren.Batls. von der Division wieder aufzustellen wären.
Luftgaukommando XI teilte die am 15.5. erfolgte Verlegung der III./Art.Rgt.20 der 20. Lw.Felddiv. in den Einsatzraum des II.Luftw.Feldkorps bezw. der 4. Luftw.Felddiv. mit.
Dieser Abgabe von einheiten steht kein gleichwertiger Zugang gegenüber.
Am 15.5. wurde auf Vorschlag des Bevollmächtigten des Reiches beim Auswärtigen Amt das Polizeibatl. Cholm nach Kopenhagen verlegt. Das Batl. wurde dem Bevollmächtigten des Reiches unter-
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stellt mit dem Auftrag, die dänische Polizei im Einsatzfall zu unterstützen. OKW teilte hierzu mit, dass das Batl. für den Fall von Kampfhandlungen vom Bef.Dänemark gemäss der Weisung Nr. 40 eingesetzt werden könne.
Da im Falle englischer Landungen in Jütland mit der Sprengung militärisch wichtiger Brücken über Meeresarme und Flüsse zu rechnen ist, geeigntes Brücken- und Übersetzmaterial bisher aber nicht vorhanden war, befahl OKH antragsgemäss die Zuführung einer franz.Brueko 35 (Geräteeinheit) nach Dänemark. Das Gerät wurde zunächst dem Pi.Batl. 171 der 71. Inf.Div. zugeteilt mit dem Hinweis, dass sie bodenständig und bei einem etwaigen Abrücken der 71. Inf.Div. an die 416. Inf.Div. zu übergeben sei.
Dagegen wurde der mit der gleichen Begründung vom Admiral Dänemark gestellte Antrag auf Verlegung der 13. Landungs-(Lehr-) Flottille von Swinemünde nach Aalborg durch das OKM abgelehnt.
In der Berichtszeit trafen die vom OKH genehmigten bodenständigen Nachrichten-Kp. (mot.) Dän. 1 und 2 in Kolding bezw. Kopenhagen ein und wurden der Div.Nr. 160 bezw. der Div.Nr. 166 unterstellt. Die Nachrichten-Betriebs-Komp. Dänemark erhielt einen mittleren Funktrupp.
Im Hinblick auf den aussergewöhnlich grossen Befehlsbereich der 416. Inf.Div. mit einer Frontbreite von 350 km und die aus der dünnen Besetzung dieses Gebiets folgende Notwendigkeit, im Einsatzfall die Eingriffsreserve über weite Strecken motorisiert heranzuführen, wurde bei OKH die etatmässige Zuteilung eines Div.Nachschubführers beantragt.
Zur Entlastung der Ers.u.Ausb.-Einheiten im Arbeits- und Wachdienst befahl OKH die Aufstellung einer Nachschubkompanie durch W.Kdo.VI für den Bef.Dänemark.
Durch W.Kdo. III wurden ferner 7 Feldgen.-Gruppen unter einem Stabsoffizier der Feldgendarmerie aufgestellt, deren Zuführung an Bef.Dän. erfolgte.
In Randers und Thisted wurde je eine Ortskommandantur etatisiert.
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II. Küstenverteidigung
Zur Überprüfung der Verteidigungsanlagen in Jütland wurden 6 Offiziere aus den Kommandostellen der 3 Wehrmachtteile beauftragt und hierzu durch den Herrn Befehlshaber mit besonderen Vollmachten ausgestattet.
Für den gleichen Zweck wurde ausserdem im Gebiet der 416. Inf.Div. und Div. Nr. 160 fü rjeden Regiments-Abschnitt ein Arbeitsstab in Stärke von 3-4 Offizieren gebildet, der die Aufgabe erhielt, den Stellungsbau, die Feuerpläne für die infanteristische Abwehr und die Förderung der Waffenausbildung zu überwachen.
Der Überprüfung der Verteidigungsmassnahmen diente ferner auch ein Übungsalarm am 13. und 14.4., zu dem die für den Einsatzfall vorgesehene Verlegung von Teilen des Stabes des Befehlshabers Dänemark nach Silkeborg durchgeführt wurde. Die heraus und aus der anschliessend durchgeführten Besichtigung einer Anzahl von Küstenbatterien gewonnenen Erfahrungen wurden in einem Bericht zusammengefasst und ausgewertet.
Vom 24.-28.5. besichtigte der Herr Befehlshaber Verteidigungsanlagen an der Westküste Nordjütlands und nahm an einem Scharfschiessen mehrere Küstenbatterien teil.
Die 71. Inf.Div. erhielt den Auftrag, die Vorbereitungen für ihren Einsatz als Reserve des Befehlshabers in den beiden, im Einsatzfall in Frage kommenden Hauptstossrichtungen nach der Nordspitze Jütlands und nach Esbjerg im Einvernehmen mit der Transportkommandantur, Kopenhagen, zu treffen.
Es erwies sich als notwendig, für weitere Gebiete Dänemarks besondere Massnahmen zur Personenüberwachung durchzuführen. Die dänische Regierung entsprach den an sie gestellten Ersuchen und erliess antragsgemäss die zur Verhinderung des illegalen Personenverkehrs von Bornholm und Christiansö nach Schweden erforderlichen Verordnungen und Dienstanweisungen, die sich inhaltlich mit den für das Sicherungsgebiet Jütland ergangenen Anordnungen decken.
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Zur Überwachung des Personenverkehrs auf der Insel Röm wurde das dänische Kriegsministerium ersucht, die gleichen polizeilichen Massnahmen zu erlassen, die für die Insel Fanö getroffen worden waren.
Sicherungsmassnahmen wurden ausserdem für die zur Verteidigung des dänischen Raumes lebenswichtigen Brücken getroffen. Auf Ersuchen wurden von der dänische Regierung im Bereich einiger Brücken Sperrzonen für die gesamte Schiffahrt vom Eintritt der Dunkelheit bis zum Hellwerden geschaffen und sonstige Massnahmen ergriffen, die insbesondere den Zweck verfolgen, Sabotageakte an den Brücken zu verhindern. Für die erstmalig durch Bordwaffenbeschuss angegriffene Storströmbrücke bei Vordingborg wies das Luftgaukommando XI antragsgemäss Flakschutz an.
Zur Führung des Kampfes gegen Fallschirmsjäger und Luftlandetruppen wurde ein Befehl erlassen, der die bisher gewonnenen Erfahrungen zusammenfasst.
Die zwischen der Kriegsmarine und dem Befehlshaber enstandenen Unstimmigkeiten über die Auslegung der Führerweisung Nr. 40 entschied OKW dahin, dass die Abschnittskommandeure des Heeres (Regiments-Kommandeure) in Fragen der Küstenverteidigung ihre Forderungen an den Seekommandanten (hier: Kommandanten im Abschnitt) zu stellen haben, der die entsprechenden Befehle an die ihm unterstellten Einheiten erlässt.
Das Kommando der Marinestation der Ostsee teilte seine Entscheidung mit, die es zu den Bestrebungen von ihr unterstellten Dienststellen gefällt hatte, das Personal der Marineschulen aus den Ferneinsatztruppen herauszunehmen. Das Kommando hat diese Herausnahme abgelehnt unter Hinweis auf die Führerweisung Nr. 40. Befehlshaber Dänemark hat daraufhin klargestellt, dass die 7. E.M.A.A. in Sonderburg den Anweisungen der Division Nr. 160 nachzukommen hat.
Für die Küstenverteidigung eingesetzten 6 Batterien zu je 4 Geschützen dänische 12 cm Kanonen stehen lediglich
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800-1000 Schuss scharfe Munition zur Verfügung gegenüber
Da in dem unübersichtlichen Dünengelände und bei der oft starken Brandung die Annäherung von Personen nur schwer festzustellen ist, beantragte Bef.Dänemark die Zuweisung von 157 Wachhunden.
III.) Ausbau der Küstenverteidigung
Das Bauprogramm lief planmässig weiter. Gegen Ende der Berichtszeit blieb allerdings in erheblichem Umfange die Eisenzufuhr aus, so dass die Befestigungsbauten für die infanteristische Verteidigung eine Verzögerung erfuhren.
Am 31.5.43 waren 754 Bauwerke in ständiger Bauart in Arbeit, davon 490 Bauwerke betoniert. An Kräften waren 111 Firmen mit 13.782 Arbeitern eingesetzt.
In Jütland wurden in der Berichtszeit 3524 T-Minen, 2457 S-Minen, 8676 Holzminen verlegt.
Die Divisionen wurden angewiesen, auch in den Stützpunkten der Kriegsmarine und der Luftwaffe die Erkundung anzulegender Minenfelder durch ihre Organe durchzuführen.
Nachrichtenmässig werden Verkabelungen bei den im Bau befindlichen Stützpunkten fortgesetzt.
Für den Bau feldmässiger Verteidigungsanlagen wurde ein „Merkblatt für den Stellungsbau“ herausgegeben. Sämtliche Truppenteile wurden nochmals auf die Einhaltung der Führeranordnung hingewiesen, wonach Anlagen der Kriegsmarine und der Luftwaffe in bestehende Stützpunkte einzufügen sind oder in enge Anlehnung an diese gelegt werden müssen.
Der fortschreitende Bau von Befestigungsanlagen erforderte die Beseitigung einer grösseren Anzahl von dänischen Privathäusern. Die dänischen Interessen wurden hier-
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bei weitestgehend gewahrt und ein Abbruch von festen Bauten (insbesondere Bauernhäuser) nur dann genehmigt, wenn sie das Schussfeld in den Infanterie-Stützpunkten in unzulässiger Weise behinderten.
IV. Kampfhandlungen
Feindberührungen zu Lande und zur See fanden in der Berichtszeit nicht statt.
Die feindliche Fliegertätigkeit hielt isch in den gewohnten Grenzen. Sie nahm im Monat Mai gegenüber dem Vormonat erheblich ab.
Die Sabotagetätigkeit stieg zunächst weiter an. Gegen Ende der Berichtszeit war jedoch auch hier ein merkliches Absinken festzustellen. Dieser Umstand ist im wesentlichen zurückzuführen auf die Festnahme einer grösseren Anzahl Saboteure sowie auf den Aufruf zur Loyalität durch den dänischen König anlässlich der Wiederaufnahme seiner Regierungsgeschäfte.
Zur weiteren Drosselung der Sabotagetätigkeit wurde die dänische Regierung über den Bevollmächtigten des Reiches ersucht, eine erhöhte Bewachung der gefährdeten Objekte durch zusätzliche Einstellung von etwa 1000 Polizeimannschaften durchzuführen.
V.) Ausbildung
Während der Ausbildungsstand der 71. Inf.Div. zu Beginn der Berichtszeit noch mangelhaft und ihre Feldverwendungsbereitschaft nicht hergestellt war, besserte er sich bis Ende Mai soweit, dass zu diesem Zeitpunkt die Division – unter Vorbehalt eines noch durchzuführenden Gefechtsschiessens im Bataillons- bezw. Abteilungsverband – als voll einsatzbereit gemeldet werden konnte.
Die Divisionen führte am 28. und 29.4.1943 eine grössere Verbandsübung durch.
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Zum Zwecke der taktischen Schulung durch den Chef des Generalstabes fand Anfang Mai eine Zusammenziehung der Generalstabsoffiziere sämtlicher im Befehlsbereich liegenden Divisionen beim Befehlshaber Dänemark auf der die Kampf- und Führungsverhältnisse in Nordjütland anhand eines Planspieles überprüft wurden.
Auf Sondergebieten wurden verschiedene Ausbildungskurse durchgeführt. Das Pi.Ausb.Batl.26 hielt einen Lehrkursus für Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des Heeres-Kusten-Art.Rgts.l80 im Schnell-Verlegen von T - Minen zur Panzerabwehr ab. Da im Fall von Feindlandungen die Bekämpfung von Panzerkampfwagen durch Panzervernichtungstrupps angesichts der im dänischen Raum vorhandenen geringen Anzahl panserbrechender Waffen eine besondere Bedeutung zukommen würde, befahl Bef.Dänemark die sofortige Aufstellung und Ausbildung von Panzerervernichtungstrupps bei allen Stäben und Truppenteilen von der Kompanie an aufwärts.- Neben der ständigen Beschickung der in Döberitz laufenden Scharfschützenlehrgänge wurde ein eigener Scharfschützenlehrgang im Bereich der 416. Inf.Div. eingerichtet.- Zu dem beim Luftgaukommando XI stattgefundenen Kursus für Luftbildlesen wurden Offiziere des Stabes und der unterstellten Einheiten entsandt.
VI.) Deutsche Wehrmacht und dänischer Staat
Die Bemühungen des Befehlshabers Dänemark, das dänische Kriegsministerium zu veranlassen, seine Offiziere zu Truppenteilen an der Ostfront zu kommandieren, scheiterten. Der in dieser Angelegenheit zu einer persönlichen Besprechung geladene Chef des dänischen Generalstabes erklärte sich lediglich bereit, eine geringe Anzahl Offiziere zur Teilnahme an militärischen Lehrkursen in Deutschland zu bestimmen. Da dieses Zugeständnis in keiner Weise den deutschen Wünschen entsprach, wurde OKH gebeten, die ohne Rücksprache mit Bef.Dänemark an den
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dänischen Militär-Attaché, Berlin, zu diesem dänischen Vorschlag erteilte Einwilligung aufzuheben und das dänische Kriegsministerium darauf zu verweisen, seine Offiziere zum aktiven Einsatz an der Ostfront zu melden.
Diese Haltung der dänischen Regierung und des dänischen Heeres war indessen nicht überraschend. Sie wurde u.a. dokumentiert durch die Flucht von zwei dänischen Offizieren unterer Dienstgrade nach Schweden.
Im Hinblick auf diese Einstellung der dänischen Regierung wurde deren Gesuch auf Erteilung der Genehmigung der Teilnahme von etwa 10 dänischen Offizieren an einem schwedischen Reitturnier nach Rückfrage bei OKW abgelehnt.
Ferner wurde die in den vorangegangenen Jahren erteilte Erlaubnis zur Durchführung von Schulungsflügen dänischer Brieftauben für das Jahr 1943 nicht gegeben.
Die vom Bef.Dänemark angestrebte Einschaltung des Verbindungsoffiziers der dänischen Regierung und des dänischen Heeres in allen laufenden Angelegenheiten, die mit der dänischen Regierung zu regeln sind - also auch in solche, die nicht das Ressort des Kriegsministeriums und des Heeres berühren -, wurden von dieser abgelehnt. Die Angelegenheit wurde indessen nochmals über den Bevollmächtigten des Reiches an den dänischen Staatsminister herangetragen, dessen Entscheidung noch aussteht.
OKW befahl in dieser Frage, dass der unmittelbare Dienstverkehr des Befehlshabers der deutschen Truppen mit der dänischen Regierung in Zukunft auf den Verteidigungsminister und die militärischen Dienststellen zu beschränken ist.
Ende Mai löste das dänische Kriegsministerium den bisherigen Verbindungsoffizier, General Rolsted, ab und bestellte an dessen Stelle den Generalmajor Ramm.
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Die beanstandeten Mobilmachungsvorbereitungen im dänischen Heer wurden nach einer Mitteilung des dänischen Verteidigungsministeriums endgültig eingestellt.
Da durch die im Dezember 1942 erfolgte Verlegung der jütischen Division nach den Inseln eine durchgreifende Veränderung in der Verteilung der dänischen Truppen erfolgt war, wurden dem dänischen General neue Bestimmungen für die Übungsmöglichkeiten des dänischen Heeres zugestellt.
VII.) Verschiedenes
Die Bestimmungen über das Unterstellungsverhältnis und den Aufgabenkreis der Standortältesten der Ortskommandanturen wurden neu gefasst und hierbei die Aufgliederung der Standortbereiche in Anlehnung an die dänischen Polizeikreise beibehalten.
[Leder, 14.7.43]
Original: Bundesarchiv-Abteilung Militärarchiv RW 38/17
Kopi i: Rigsarkivet, Håndskrifttsamlingen XVI, AA 449 læg 1