1942, 1.12. - 31.1.1943

Tätigkeitsbericht der Abteilung Ia für die Zeit vom 1.12.1942 — 31.1.1943.


I. Truppengliederung und Kräfteverteilung: 

Nachdem die Aufstellung der 23. Inf.Div. in Grossen beendet war, wurde vom 28.12.1942 ab die Kampfführung in Jütland., die bisher ausschliesslich in der Hand der 416. Inf.Div. lag, in Nordabschnitt dem Kommandeur der 4l6. Inf.Div. und im Südabschnitt dem Kommandeur der 23. Inf.Div. übertragen. - An der Truppenverteilung änderte sich dadurch nichts mehr, da die hierfür notwendigen Verlegungen vor der Berichtszeit durchgeführt waren. - Die Division Nr. 160 erhielt das in Jütland eingesetzte Ausbildungs-Batl. 202 in ihren Bereich zurück.
Mitte Januar teilte OKW mit, dass mit einem früheren Abzug der 23. Inf.Div., als zunächst vorgesehen, gerechnet werden müsse. Weitere Befehle des OKW ergingen dahingehend, dass infolgedessen die zum Küstenschutz verwandten Teile der 23. Inf.Div., auch  unter Inkaufnahme einer vorübergehenden Schwächung der Küstenverteidigung, baldmöglichst aus ihrem Einsatz herauszulösen und unter bestmöglichen Ausbildungsbedingungen unterzubringen seien. Weiterhin müsse die volle Einsatzbereitschaft der 23. Inf.Div. zum 1.3. unbedingt gewährleistet sein. Gleichzeitig hiermit ordnete OKW Verlegung der Div.Nr. 166 mit 9 Gren.Ausb.Batl., 1 Art.Ausb.Abt. und 1 Pi.Ausb.Batl. aus dem Wehrkreis VI nach Dänemark für ständig an. Diese Div. sollte zunächst zum Freimachen der im Küstenschutz eingesetzten Teile der 23.Jnf.Div. verwandt werden. Für ihr Unterstellungsverhältnis befahl OKW gleiche Regelung wie für die übrigen bereits im Dänemark liegenden Ausbildungstruppenteile.
Von sich aus veranlasste Bef. Dänemark zur Entlastung des Kommandos der 23. Inf.Div. die Übernahme des Div.Abschnittes durch das im Raune Süd-Jütland eingesetzten Gren.Ers.Rgt.225 der Div.Nr.160. Zur Freimachung des im Abschnitt Nord-Jütland von der 23.Inf.Div. eingesetzten Gren.Regimentes 68 wurde das in Reserve gehaltene Gren.Ers.Rgt.290 (Div.Nr.l6o) mit 2 Aus­bildungsbataillonen der 416.Inf.Div. zum Einsatz zur Verfügung  gestellt.


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Trotzdem Bef. Dänemark den Wehrmachtführungsstab darauf hingewiesen hatte, dass die 23. Inf.Div. weder ausbildungsmässig, noch in Bezug auf ihre Ausstattung an Waffen und Gerät für den Osten verwendungsfähig sei, erteilte OKW Mitte Januar den Befehl zum Abtransport der Division nach den Osten, der an 23.1.1943 mit den Kampfstaffeln begann.

Von der Div.Nr. 166 gingen zur Verstärkung 2 Gren.Ers.Regimenter und das Pi.Ausb.Batl. nach Jütland. Diese wurden als Befehlshaber-Reserve bestimmt. An der bisherigen Kräfteverteilung auf den dänischen Inseln wurde festgehalten.

Die Div. Nr.166 traf am 24.1. mit den ersten Teilen ein, nachdem sich Kommandeur und Ia vorher beim Bef.Dänemark zur Einweisung gemeldet hatten.

Da die Div.Nr. l60 mit den Verhältnissen in Dänemark am besten vertraut und den Einsatzaufgaben mit Hilfe der eingearbeiteten Stäbe am besten gewachsen erschien, wurde die Div. für den Einsatz in bisherigen Gebiet der 23. Inf.Div. ( Südjütland ) bestimmt. - Die Div. Nr. 166 übernahm die Einsatzaufgaben der Div. Nr. 160 auf den dänischen Inseln.

Mitte Januar begann der Abtransport des Gren.Rgt.931 der 4l6. Inf.Div. nach den Osten. Den im Austausch gegen das Gren.Rgt. 930 aus den Osten eingetroffene Sicherungs-Rgt. 27 wurde dafür in Küstenschutz eingesetzt.

OKH befahl Umgliederung dieses Sich.Rgts. in das Fest.Inf.Rgt.7l2 und genehmigte in Abänderung bisheriger Befehle Ausstattung der Bataillone mit je 4 Kompanien.

Für die Heeres-Küsten-Artillerie in Befehlsbereich Dänemark befahl OKH Umorganisation. Der bisherige Stab H.K.A.Rgt. Dänemark erhielt die Bezeichnung Heer.Küst.Art.Rgt. 180. Ein dritter H.K.Art.Abt. Stab wurde, wie von hier beantragt, neu aufgestellt und mit 3 Batterien - darunter die bei Slettestrand eingesetzte Feldbatterie der 416. Inf.Div. – im Nordabschnitt eingesetzt.- Die Bezeichnung der einzelnen Heer.Küst.Batterien wurde entsprechend angepasst.

Der zur Verwendung bei der Div.Nr. 160 von Bef.Dänenark angeforderte Gren.Ers.Rgt.-Stab 190 traf Mitte Januar ein.


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Die in Verband der 23.Jnf.Div. zur Verfügung des OKH gehaltenen Fahrkolonnen 7 - 9/23 wurden in das Reich abtransportiert.
Ein Antrag auf Überweisung eines Lazarettes wurde durch OKH genehmigt.


II.
Kampfhandlungen
Kampfhandlungen zu Lande haben in der Berichtszeit nicht stattgefunden.
Ende Januar führten einige englische Kampfflugzeuge in der Dämmerung einen Bombenangriff auf wehrwirtschaftliche Betriebe in Kopenhagen durch . Durch den Abwurf mehrere Spreng- und Brandbomben wurde eine Zuckerfabrik zerstört und an den Werftanlagen von Fa. Burmeister und Vain Schaden angerichtet. Flak schoss hierbei ein Flugzeug ab.
Die nächtlichen Feindeinflüge, die zum Zwecke der Verminung der dänischen Gewässer durchgeführt wurden, hielten sich in gewohnten Grenzen. Durch Nachtjäger wurden mehrere Feindabschüsse erzielt.


III. Küstenverteidigung

Nach beendeter Umgliederung der Kräfte in Dänemark wurde eine allgemeine Anweisung für die Abwehr feindlicher Angriffe auf Dänemark (Kampfanweisung) sowie eine Verfügung zur Bekämpfung feindlicher Fallschirmsjäger in Neufassung herausgegeben.
Da sich bei der Besatzung des französischen Restgebietes die Eingriffsgruppen der Reserve-Divisionen bewährt hatten, befahl OKW für die in Dänemark liegenden Ersatztruppen die beschleunigte Aufstellung möglichst starker beweglicher Kampfgruppen. Die Vorbereitungen hierfür wurden getroffen und kalendermässig festgelegt.
Für die zusätzliche Ausrüstung der Alarmeinheiten wurden bei OKH schwere Infanteriewaffen angefordert.
Nachdem die Zusammenfassung der H.K.Battr. unter einem Regimentsstab zu 3 Abteilungen durchgeführt und damit eine Angleichung an die Abschnitte der Marine erreicht war, wurde Marinebefehlshaber Dänemark aufgefordert, die 3 Abteilungsstäbe des Heer.Küst.Art.Rgts. 180 auch einsatzmässig zu verwenden.


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Vorbereitungen für ein Planspiel Anfang Februar, in den die Verteidigungsverhältnisse von Jütland durch die 3 Wehrmachtsteile überprüft werden sollte, wurden getroffen.
Das ständige Absinken der Kohlenvorräte in Dänemark wurde aus militärischen Gründen, insbesondere für die Landesvertei­digung, immer bedenklicher. Der Reichsbevollmächtigte wurde daraufhin aufgefordert, auf eine vergrösserte Kohlenversorgung in Berlin eindringlich hinzuwirken.
In der Auslegung der Führerweisung  40 waren - veranlasst durch den Marinebefehlshaber Dänemark — Unstimmigkeiten aufgetreten. Marinebef. Dänemark stand auf dem Standpunkt, dass die Übertragung der Befehlsbefugnisse in der Kampfführung und der Vorbereitung hierzu an die Abschnittskommandeure des Heeres, die nicht im Range eines Div. stehen, nicht möglioh sei. OKW/WFSt wurde der hierüber entstandene Schriftverhehr vorsorglich zur Kenntnis gebracht. Eine Entscheidung des OKW erfolgte zunächst nicht. An den durch Bef. Dänemark erlassenen Befehlen wurde nichts geändert.
Nach Abgabe von Marinepersonal an das Heer war die Besetzung nicht bodenständiger schwerer Waffen durch die Kriegsmarine z.T. nicht mehr gewährleistet. – Nachdem von Marinebefehlshaber Dänemark der hiesige Vorschlag auf leihweise Abgabe schwerer Waffen an benachbarte Abschnitte abgelehnt war, wies Bef .Dänemark die Divisionen an, zu kurzfristigen Lehrgängen Infanteristen zur Ausbildung als Mehrkämpfer zu den betreffenden Marinestellen zu kommandieren.


IV.
Ausbau der Küstenverteidigung
Der Ausbau der jütischen Küste und der Fliegerhorste ging planmässig vorwärts. Mit dem Stand vom 31.1.1943 waren 470 Bauwerke in ständiger Bauart in Arbeit, davon 129 Bauwerke betoniert. An Kräften waren eingesetzt: 97 Firmen mit 7.600 Arbeitern.- Verkabelungen wurden nur in geringen Umfange durch­geführt.
Nach beendeter Erkundung durch die Truppe und Genehmigung der Pläne durch Bef. Dänemark wurden erstmalig T- und S - Minen an der jütischen West - Küste verlegt. Zu dieser Arbeit wurden Truppenpioniere der 416. Inf.Div. herangezogen. 


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Um das Minenverlegen einheitlich zu handhaben wurde die Anlage von Minenfeldern und Minenscheinanlagen für alle 3 Wehrmachtsteile in die Hand des Heeres gelegt. Die Kriegsmarine und Luftwaffe wurde aufgefordert, zur Abstimmung ihrer Vorschläge sich mit dem für die Verlegung zuständigen Divisionen ins Benehmen zu setzen. Bef. Dänemark behielt sich jedoch vor Auslegung in jedem Fall die Entscheidung vor und befahl Vorlage der Erkundungsergebnisse für geplante Minenverlegungen.
Da die Truppe durch ihre vielseitigen Ausbildungs- und Tagesaufgaben von Ausbau der feldmässigen Stellungen vielfach abgehalten wurde, erteilte Bef. Dänemark Genehmigung, zur Entlastung der Truppe hierfür dänische Zivilarbeiter heranzuziehen.
Zur Überprüfung der Tarnung der ständigen Befestigungsanlagen während des Ausbaues als auch nach ihrer Fertigstellung wurde die Luftwaffe aufgefordert, in bestimmten Zeitabschnitten Luftbildaufnahmen herzustellen.
Eine Anfrage des Marinebefehlshabers Dänemark wegen Einstellung von russischen Kriegsgefangenen wurde durch Bef.Dänemark dahingehend beantwortet, dass ein Einsatz nach wie vor aus politischen und psychologischen Gründen unerwünscht sei und deshalb abgelehnt werden müsse.


V. Ausbildung

Die Ausbildung der Rekruten bei der 23. Inf.Div. wurde mit Nachdruck betrieben. Die Einzel- und Gruppenausbildung konnte bis zum Abrücken der Division beendet werden. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch Übungen im grösseren Rahmen noch nicht durchgeführt, auch war die Truppe im scharfen Schuss, insbesondere der schweren Waffen, bis dahin wenig geschult, da die neu aufgestellten Einheiten ihre schweren Waffen teilweise erst kurz vor dem Abrücken erhielten.
In grundlegenden Bemerkungen für die Truppe gab der Befehlshaber der Erwartung Ausdruck, dass immer wieder mit aller Strenge durch die Vorgesetzten darauf hingearbeitet wird, die eingesetze Truppe schlagkräftig und abwehrbereit zu machen, sodass sie jederzeit in der Lage ist einen überraschenden Angriff abzuwehren.


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VI. Deutsche Wehrmacht und dänischer Staat

In der Berichtszeit mehrten sich die Fälle, in denen an deutschem Wehrmachtsgut, vor allem Dingen auf abgestellten Eisenbahnfahrzeugen Sabotageakte verübt wurden. Das dänische Aussenministerium wurde unter Bezug auf bereits ergangene entsprechende Hinweise aufgefordert, nunmehr sofort energische Schutzmassnahnen zu treffen.
Die über den Bevollmächtigten des Reiches mit der dänischen Regierung geführten Verhandlungen wegen Aufstellung eines dänischen Schutzkorps konnten noch nicht abgeschlossen werden.
Für einige dänische Offiziere in Jütland, die dort zur Beaufsichtigung dänischer militärischer Anlagen ihren Dienst verrichten, genehmigte der Bef. Dänemark ausnahmsweise Tragen der Uniform.

[Leder 10.5.43]

Original: Bundesarchiv-Abteilung Militärarchiv RW 38/15
Kopi i: Rigsarkivet, Håndskrifttsamlingen XVI, pk. 64 læg 854