1941, 1.6. - 31.7.
Tätigkeitsbericht der Abteilung Ia für die Zeit vom 1. Juni — 31. Juli 1941
1. Truppengliederung
Die vom Wehrkreis-Kdo. X, Hamburg, bereitgestellten Ersatztruppenteile (Rgts.-Stab/Inf.Ers.Rgt. 225 mit Rgts.Einheiten und Inf.Ers.Btl. 333 und Art.Ers.Abt. 58 (mot)) trafen Mitte Juni in Dänemark ein, wurden auf Seeland und Fünen untergebracht und der Div.Nr. 160 unterstellt.
Die sich aus dem Kräftezuwachs ergebenden kleinen Verschiebungen einzelner Einheiten innerhalb der Division wurden bereits vor Eintreffen der neuen Truppen durchgeführt. Für eine straffere Befehlsführung im Ernstfalle gliedert die Div.Nr. 160 ihren Befehlsbereich nunmehr in zwei Kampfabschnitte mit den entsprechenden Unterabschnitten.
Für den in einen Verfügungsstab versetzten Oberst von Krause wurde Anfang Juni 1941 Oberstleutnant Graf von Brandenstein-Zeppelin mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs des Generalstabes beim Befehlshaber der deutschen Truppen beauftragt.
Mit Wirkung vom 4. Juni 1941 wurde auf Befehl des Ob.d.L. die Dienststelle „General der Luftwaffe in Dänemark“ mit Dienstsitz in Kopenhagen aufgestellt. Der Kommandeur har die Dienststelle und die Disziplinarbefugnisse eines Brigadenkommandeurs. Seine Aufgabe ist es, eine einheitliche Vertretung der Belange der Luftwaffe beim Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark sicherzustellen. Diese wurde bisher über den Luftwaffen-Verbindungsoffizier beim Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark wurden aufgehoben.
2. Kampfhandlungen.
Im Laufe der Monate Juni und Juli 1941 entfaltete der Feind ausser seinen nächtlichen Störungsflügen über Dänemark keine Kampftätigkeit. Nennenswerte Sachschäden sind durch die vereinzelten Bombenabwürfe nicht entstanden. Vielmehr sollten wohl die Einflüge
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in erster Linie den Zweck haben, Unruhe in der Bevölkerung zu stiften und Engländern Bildaufklärung über etwa an den Küsten Dänemarks deutscherseits getroffene militärische Massnahmen zu beschaffen.
Während des Berichtsabschnitts wurden zahlreiche Minen an der Westküste angetrieben, wobei es durch leichtsinnigen Hantieren zu leichteren Unglücksfällen kam.
Ausserdem hatten die nächtlichen Feindflüge über den Wasserstrassen den Erfolg, dass die Fährverbindungen zwischen Nyborg – Korsör und Warnemünde – Gedser zeitweise wegen vermuteter Verminung gesperrt wurden. Der planmässige Verkehr konnte nach Absuchen der Fährstrecken jeweils nach kurzer Zeit wieder freigegeben werden.
3. Massnahmen zur Abwehr feindlicher Landungen
In Anlehnung und als Ergänzung der Kampfanweisung wurde ein Sonderbefehl erlassen, der besondere Massnahmen für die Bekämpfung feindlicher Fallschirmsjäger und Luftlandetruppen vorsieht. Von grösseren Feindunternehmungen abgesehen wird damit die Bekämpfung einzelner oder kleinerer Trupps von Fallschirmsjägern und Luftlandetruppen in der erster Linie den Standortältesten zur Aufgabe gemacht. Ihnen stehen für den ersten Einsatz alle Truppen ihres Standortes zur Verfügung.
In diesem Zusammenhange wurden die Standortältesten beauftragt, an Ort und Stelle festzustellen und zu erkunden, welche wehrwirtschaftlichen Betriebe und kriegswichtigen Ziele, wie Brücken, Fähren pp. im Falle eines feindlichen Angriffes durch Wachen unter den besonderen Schutz der Wehrmacht gestellt werden müssen.
Die Grenze auf der Halbinsel Jütland zwischen Deutschland und Dänemark ist gleichzeitig Grenze zwischen den Befehlsbereichen des Befehlshabers der deutschen Truppen in Dänemark und des Wehrkreis-Kommando X in Hamburg. Persönliche Feststellungen des Chefs des Generalstabes, Oberstleutnant Graf von Brandenstein-Zeppelin, ergaben, dass die beiderseitige Verbindungsaufnahme zwischen den örtlichen militärischen Stellen diesseits und jenseits der Grenze nicht ausreicht und die notwendigen Nachrichtenmittel nur ungenügendem
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Masse zur Verfügung standen. Abhilfe wird durch Nachrichtenführer beim Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark geschaffen werden. Ausserdem wurde der 218. Inf.Div. ausdrücklich aufgegeben, sich laufend über alle für den Einsatz wichtigen Massnahmen mit dem Nachbarabschnitt südlich der dänischen Grenze zu unterrichten.
4. Heeres-Küstenartillerie Dänemark
Zur Ausübung der Dienstaufsicht und zur Durchführung verwaltungsmässiger und persönlicher Angelegenheiten bei den Heeres-Küstenbatterien in Dänemark war das Oberkommando des Heeres um Zuweisung eines Regimentstabes gebeten worden. Der beantragte Stab wurde bereitgestellt, traf am 17. Juli 1941 in Dänemark ein und wurde in Kolding untergebracht.
Die Heeres-Küstenbatterien wurden den Stab/Heeres Küstenartillerie Dänemark in jeglicher Beziehung unterstellt, mit Ausnahme des taktischen Einsatzes und der Feuerleitung. Da bei einem Einsatz eine einheitliche Führung sämtlicher in Dänemark eingesetzten Küstenbatterien des Heeres wie der Marine gewährleistet werden muss, ergab sich die Notwendigkeit, die Heeres-Küstenbatterien in dieser Hinsicht dem Marinebefehlshaber Dänemark zu unterstellen. Eine enge Zusammenarbeit mit den Divisionen als den Trägern der Verteidigung in den Gebieten Jütland und Seeland wird dem neuen Stäbe zur Pflicht gemacht.
Die, wie bereits berichtet, zur Sperrung der Wasserstrassen um Seeland neben den vier Batterien der I./A.R. 218 eingesetzten Heeres-Küstenbatterien waren ab 23. Juni 1941 einsatzbereit. Da bei diesen Batterien bei Durchbruchversuchen der russischen Flotte zu jeder Zeit mit Kampfhandlungen zu rechnen war, überzeugten sich der Herr Befehlshaber und der Chef des Generalstabes mehrmals persönlich von dem Stand der Ausbildung und wohnten gelegentlich den Scharfschiessübungen der Batterien bei.
Als sämtliche Ausrüstung für den Selbstschutz und die Verteidigung bei Tieffliegerangriffen erhielten die Batterien je 3 MG. zugewiesen. Die hierfür notwendigen Bedienungsmannschaften müssen aus dem Bestande der Batterien heraus gestellt werden.
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5. Verbindung mit den dänischen Stellen
Über den dänischen Verbindungsoffizier, Kapitän Möller, gestattete sich die Verbindung zu dem dänischen Heer weiterhin zufriedenstellend und reibungslos. Alle auftretenden Fragen und Anliegen der Dänen konnten in beiderseitig loyaler Aussprache geregelt werden.
Einen Antrag des dänischen Heeres wegen Aufnahme und Einrichtung von Segelflugübungen auf Seeland zur Schulung der Fliegeroffiziere wurde stattgegeben, mit dem Hinweis, hierbei einen der den dänischen Zivil-Segelfliegern zugestandenen Plätze zu benutzen. Das dänische Generalkommando hat den Platz bei Köge gewählt. Die grundsätzliche Genehmigung zur Segelfliegerei und die hierfür festgesetzten Bedingungen gründen sich auf eine Entscheidung des Luftgau-Kommando XI. Die Bedingungen wurden seinerseits unter der Gesichtspunkt festgelegt, dass Flüge mit dänischen Segelflugzeugen ins Ausland unmöglich sind.
Durch den Umstand, dann Ende Juni 1941 einem dänischen Zivilmotorflugzeug ein Fluchtversuch nach England glückte, wurden nunmehr auch sämtliche dänischen Zivilmotorflugzeuge so sichergestellt, dass neuerliche Versuche, ins Ausland zu gelangen, nicht mehr möglich sind. Die Feststellungen hatten ergeben, dass sich noch 60 Privatflugzeuge im freien Verfügungsrecht in Dänemark befanden.
6. Verschiedenes
Für den Einsatz ausländischer Freiwilliger im Kampf gegen die Sowjet-Union stellten sich auch jungen Dänen zur Verfügung, die im „Freikorps Dänemark“ zusammengefasst wurden.
Durch Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht wurde bestimmt, dass die freiwilligen Dänen, Norweger usw. grundsätzlich von dem Reichsführer SS erfasst und in die Verbände der Waffen SS eingestellt bezw. diesen als Freiwilligenverbände zugeteilt werden sollten.
Der Befehlshaber brachte in einem Schreiben an Oberkommando des Heeres seine Bedenken über diese Bestimmung zum Ausdrück und äusserte sich dahingehend, dass das Werben Freiwilliger hier in Dänemark wenig erfolgversprechend sei; der Grund hierfür ginge aus einer Äusserung des dänischen Verbindungsoffizier klar hervor, der auf die Frage, warum sich bisher so wenig Freiwillige für das Freikorps gemeldet hätten, zur Antwort gab: „Die Freiwilligen sollen SS-Männer werden
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und das wollen die wenigsten. Wenn die Werbung für die Deutsche Wehrmacht erfolgen würde, würden sich wesentlich mehr Freiwillige melden.“
Anfang Juli 1941 trifft Generaloberst Fromm, Chef des Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres, zur Besichtigung der Ersatztruppen in Dänemark.
7. Harpune Nord
Auf Anforderung des O.K.H. bezw. A.O.K.Norwegen wurden ab Mai 1941 für das Unternehmen „Harpune Nord“ folgende Massnahmen getroffen bezw. Vorarbeiten durchgeführt:
1.) Für das Verschiffen von zusätzlich nach Dänemark gesandten Truppen wurden im Benehmen mit dem Marinebefehlshaber als Einladehäfen festgelegt: Esbjerg, Aarhus, Aalborg und Frederikshavn.
2.) Seetransportanmeldung für den etwa verladene Truppen.
3.) Registrierung seetüchtiger dänischer Kutter und Motorboote. Diese Feststellungen erfolgten durch den Marinebefehlshaber.
4.) Aufstellung von 4 Stossabteilungen einschl. Be- und Entladetrupps. Hiermit wurde die 218. Inf.Div. beauftragt.
Zusammensetzung und Stärke einer Stossabteilung als Ergebnis verschiedener Besprechungen, Vorschläge, Erfahrungen während der Ausbildung:
1 Inf.Komp. (9 Gruppen)
1 Gruppe s.M.G. (2 s.M.G.)
1 Gruppe s.Gr.W. (2 s.Gr.W.)
1 Zug Pak (3 Geschütze)
1 Zug I.G. (2 le I.G.)
1 Sprengkommando (20 Mann)
1 Fu. und Fernsprechtrupp
Be- und Entladetrupps (50 Mann)
Die Gesamtstärke einer Stossabteilung betrug einschl. Be- und Entladetrupps: 12 Offz., 84 Uffz., 479 Mann = 575 Köpfe.
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5.) Je einer Stossabteilung wurde gebildet und untergebracht in Aarhus, Aalborg, Frederikshavn und in Hadersleben. (Letztere für Esbjerg vorgesehen, jedoch aus Sicherheits- und Ausbildungsgründen in Hadersleben).
6.) Ermietung von grösseren (etwa 5 – 8000 to) und kleineren (etwa 200 to) Schiffen für Be- und Entlade- und Landungsübungen veranlasste auf Anforderung die Kriegsmarinedienststelle Kopenhagen.
7.) Ausbildung der Stossabteilungen:
a) Verladung der Abteilungen mit schweren Waffen, Fahrzeugen, Pferden auf grosse Schiffe;
b) Entladen von grossen Schiffen auf kleinere, ferner Zuwasserbringen von Sturmbooten, grossen und kleinen Flossäcken, Umladen der Mannschaften und schweren Waffen auf diese, Fahren mit Sturmbooten und Flossäcken bei leichtem und schwerem Seegang (Wassergewöhnung).
c) Landen an Flach- und Steilküsten, wobei feindlicher Widerstand angenommen wird. (Beseitigung von Unterwassersperren – Minen und Drahthindernissen -, Vernebeln, Beschuss des Verteidigers vom Wasser aus, auch im scharfen Schuss).
d) Brückenkopfbildung und Angriff auf Gegner am Lande.
e) Schwimmen, Sturmbootfahren, Rudern mit Flossäcken, Schiessübungen – insbesondere Schnappschuss und Hüftschuss.
f) Durchführung mehrerer grösser angelegten Landungsübungen.
8.) Erkundung und kalendermässige Festlegung von Unterbringungsräumen für Truppen, die u.U. dem Befehlsbereich Dänemark zugeführt werden. Festlegung und Bezeichnung von Zufahrtstrassen aus diesen Räumen zu den Einladehäfen.
Kalendermässige Festlegung eines Fernsprechnetzes für die Stäbe dieser Truppen (bis Btl. einschl.).
Unterlagen über Belegungsfähigkeit der in Frage kommenden Orte wurden durch den dänischen Generalstab zur Verfügung gestellt.
Für die Bevölkerung, die später gegebenenfalls aus den Hafenstädten zu evakuieren ist, wurden besondere Unterkunftsräume festgelegt und den dänischen Behörden über den Beauftragten für Fragen der innere Verwaltung beim Bevollmächtigten des Deutschen Reiches mitgeteilt.
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9. Versorgung
a) Erkundung und kartenmässige Festlegung von Räumen bezw. Möglichkeiten für Unterbringung von Munition, Verpflegung, Betriebsstoff für die u.U. zuzuführenden Truppen. Unterlagen für bereitzustellenden Mengen wurden von A.O.K. Norwegen zur Verfügung gestellt.
b) Anforderung und Zuführung von Munition, Waffen und Gerät für die Stossabteilungen.
Für das Unternehmen „Harpune Nord“ wurden verschiedene besondere Abwehrmassnahmen in Zusammenarbeit mit Abwehrstelle Dänemark und dem Beauftragten für Fragen der inneren Verwaltung beim Bevollmächtigten des Deutschen Reiches getroffen. Die Abwehrmassnahmen bestanden in
1.) Festlegung eines Sperrgebietes in Jütland. Dieses umfasst die Räume um die genannten Verladehäfen. Verbot des Wandergewerben und Fotografierens. Ausnahmegenehmigungen erteilt der dänische Justitsministerium im Einvernehmen mit dem Beauftragten für Fragen der inneren Verwaltung beim Bevollmächtigten des Deutschen Reiches und der Abwehrstelle Dänemark. Diese Ausweise werden von der dänischen Polizei dem jeweiligen Standortältesten zur Abstemplung vorgelegt.-
2.) Ferner wurden folgende Abwehrmassnahmen vorbereitet:
Sperrung des gesamten Zivilverkehrs nach bestimmten Gebieten und Sperrung dieses Verkehrs innerhalb dieser Gebiete in der Zeit von 21.00 bis 05.00 Uhr.
Sperrung des Eisenbahnverkehrs; Ausnahme: lebenswichtige Güterzüge.
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Zeitweilige Sperrung des zivilen Telegrafen-, Fernsprech- und Funkverkehr.
Zeitweilige Sperrung des zivilen Schiffahrtsverkehrs von und nach bestimmten Räumen.
Evakuierung der Hafengebiete in Aarhus, Aalborg, Frederikshavn und Esbjerg.
Sämtliche genannten Abwehrmassnahmen wurden in Zusammenarbeit mit den entsprechenden dänischenBehörden und der dänischen Polizei getroffen und die Durchführung, soweit sie die dänische Zivilbevölkerung betraf, diesen dänischen Dienststellen verantwortlich aufgetragen.
Original: Bundesarchiv-Abteilung Militärarchiv RW 38/7
Kopi i: Rigsarkivet, Håndskrifttsamlingen XVI, AA 449 læg 1