Führerweisung Nr. 51, 3.11.1943

Der Führer F. H. Qu., den 3.11. 43

OKW/WFSt/Op. Nr. 662656/43 g.K. Chefs.

Chef sache! 27Ausfertigungen
Nur durch Offizier! 14. Ausfertigung


Weisung Nr. 51

Der harte und verlustreiche Kampf der letzten zweieinhalbe Jahre gegen den Bolschewismus hat die Masse unserer militärischen Kräfte und Anstrengungen aufs Äußerste beansprucht. Dies entsprach der Große der Gefahr und der Gesamtlage. Diese hat sich inzwischen geändert. Die Gefahr im Osten ist geblieben, aber eine größere im Westen zeichnet sich ab: die angelsächsische Landung! Im Osten lagt die Große des Raumes äußersten Falles einen Bodenverlust auch grol2eren Ausmaßes zu, ohne den deutschen Lebensnerv tödlich zu treffen.

Anders der Westen! Gelingt dem Feind hier ein Einbruch in unsere Verteidigung in breiter Front, so sind die Folgen in kurzer Zeit unab­sehbar. Alle Anzeichen sprechen dafür, da~ der Feind spätestens im Frühjahr, vielleicht aber schon früher, zum Angriff gegen die Westfront Europas antreten wird.

Ich kann es daher nicht mehr verantworten, daf3 der Westen zu Gunsten anderer Kriegsschauplatze weiter geschwächt wird. Ich habe mich daher entschlossen, seine Abwehrkraft zu verstärken, insbeson­dere dort, von wo aus wir den Fernkampf gegen England beginnen werden. Denn dort muß~ und wird der Feind angreifen, dort wird —wenn nicht alles tauscht — die entscheidende Landungsschlacht ge­schlagen werden.

Mit Fesselungs- und Ablenkungsangriffen an anderen Fronten ist

zu rechnen. Aber auch ein Grossangriff gegen Dänemark ist nicht ausgeschlossen. Er ist seemännisch schwieriger, aus der Luft weniger wirksam zu unterstützen. Seine politischen und operativen Auswir­kungen aber sind beim Gelingen am grössten.

Zu Beginn des Kampfes wird die gesamte Angriffskraft des Feindes sich zwangsläufig gegen die Besatzung der Küste richten. Nur stärkster Ausbau, der unter Anspannung aller verfügbaren personellen und materiellen Kräfte der Heimat und der besetzten Gebiete aufs Höchste zu steigern ist, kann in der kurzen noch voraussichtlich ver­fügbaren Zeit unsere Abwehr an den Küsten stärken. Die Dänemark und den besetzten Westgebieten in nächster Zeit zufliegenden bodenständigen Waffen (s. Pak, unbewegliche, in die Erde einzugrabende Panzer, Küstenartillerie, Landeabwehrgeschütze, Minen usw.) sind schwerpunktmäßig scharf zusammengefaßt an den bedrohtesten Küstenabschnitten einzusetzen. Es ist in Kauf zu nehmen, daß dabei die Verteidigungskraft weniger bedrohter Abschnitte in nächster Zeit noch nicht verbessert werden kann.

Erzwingt der Feind trotzdem durch Zusammenfassen seiner Kräfte eine Landung, so muß ihn unser mit größter Wucht geführter Gegen­angriff treffen. Es kommt darauf an, durch ausreichende und schnelle Zuführung von Kräften und Material und durch intensive Ausbildung die vorhandenen großen Verbände zu hochwertigen, angriffsfähigen und voll beweglichen Eingreifreserven zu machen, die durch Gegen­angriff die Ausweitung einer Landung verhindert und den Feind ins Meer zurückwerfen.

Darüber hinaus muß durch genaue bis ins einzelne vorbereitete Behelfsmalnahmen aus den nicht angegriffenen Küstenfronten und aus der Heimat alles mit größter Beschleunigung gegen den gelan­deten Feind geworfen werden, was irgendwie einsatzfähig ist.

Luftwaffe und Kriegsmarine müssen den zu erwartenden starken Angriff en aus der Luft und über See mit allen nur greifbaren Kräften in rucksichtslosem Einsatz entgegentreten.

 

Dazu befehle ich:

A) Heer:

1.) Chef Generalstab des Heeres und Generalinspekteur der Panzertruppen legen mir baldigst einen Plan über die Zuteilung von Waffen, Panzern, Sturmgeschützen, Kraftfahr­zeugen und Munition innerhalb der nahsten drei Monate für die Westfront und für Dänemark vor, der der neuen Lage Rechnung trägt.


Hierbei ist zu Grunde zu legen:

a) Ausreichende Beweglichkeit aller Panzer- und Panzer-Grenadier-Divisionen im Westen und Ausstattung dieser Verbande mit je 93 Pz. IV bzw. Sturmgeschützen und starker Panzer­abwehr bis Ende Dezember i943.

Beschleunigte Umgliederung der 20.Luftwaffen-Feld-Divi­sion zu einem kampfkräftigen beweglichen Eingreifverband unter Zuteilung von Sturmgeschützen bis Ende ~

Beschleunigte waffenmässige Auffüllung der SS-Pz. Gren. Div. ,,H.J’, der 21. Pz. Div. und der in Jütland eingesetzten Inf.- und Reserve-Divisionen.

b) Weitere Auffüllung der Reserve-Panzer--Divisionen im Westen und Dänemark sowie der Sturmgeschütz-Ausbildungs-Abteilung in Dänemark mit Pz. IV, Sturmgeschützen und s. Pak.

c) Monatliche Zuweisung von 100 s. Pak 40 und s. Pak 43 (davon die Hälfte beweglich) im November und Dezember zusätzlich zu den für die Neuaufstellungen im Westen und Dänemark erforderlichen s. Pak.

d) Zuweisung einer größeren Anzahl von Waffen (dabei etwa 1000 MG) zur Verbesserung der Ausstattung der im Küsten­schutz Westen und Dänemark eingesetzten bodenständigen Divisionen und zur einheitlichen Ausstattung der aus nicht angegriffenen Abschnitten herauszuziehenden Truppenteile.

e) Reichliche Ausstattung der in bedrohten Abschnitten liegenden Verbande mit Panzer-Nahbekämpfungsmitteln.

f) Verbesserung der artilleristischen Kampfkraft und der Panzer­abwehr der in Dänemark liegenden und in den besetzten Westgebieten im Küstenschutz eingesetzten Verbande und Verstärkung der Heeresartillerie.

2.) Alle im Westen und in Dänemark liegenden Truppenteile und Verbände sowie alle im Westen neuaufzustellenden Panzer-,

Sturmgeschütz- und Panzerjägereinheiten dürfen ohne meine Genehmigung nicht für andere Fronten abgezogen werden.

Chef Generalstab des Heeres bzw. Generalinspekteur der Panzertruppen melden mir die Beendigung der Ausstattung der Panzer-Abteilungen, Sturmgeschütz-Abteilungen, Panzerjägerabteilungen und Kompanien über OKW/WFSt.

3.) 0 b. West legt über das bisherige Maß hinaus kalendermäßig und durch Kriegsspiele und Rahmenübungen das Heranführen von behelfsmäßig angriffsfähig zu machenden Verbänden aus nicht angegriffenen Frontabschnitten fest. Hierbei fordere ich das rücksichtslose Entbloßen nichtbedrohter Abschnitte bis auf geringe Bewachungskräfte. Für Räume, aus denen Reserven abgezogen werden, sind Sicherungs- und Bewachungskräfte aus Sicherungs­- und Alarmeinheiten bereitzustellen, desgleichen Baukräfte zum Offenhalten der durch die feindliche Luftwaffe voraussichtlich zerstörten Verkehrswege unter weitgehender Ausnutzung der Bevölkerung.

4.) Der Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark trifft in seinem Befehlsbereich Maßnahmen entsprechend Ziffer 3.

5.) Chef H Rust u BdE stellt aus Lehrtruppen, Lehrgängen, Schulen, Ausbildungs- und Genesenden-Truppenteilen des Heimatkriegs­gebietes Kampfgruppen in Regimentsstarke, Sicherungsbataillone und Bau-Pionier-Bataillone entsprechend Sonderbefehl so bereit, daß sie innerhalb von 48 Stunden nach Aufruf abtransportiert werden können.

Darüber hinaus ist weiter verfügbares Personal in Marsch-Bataillone mit den verfügbaren Waffen einzuteilen, um die zu erwartenden hohen Verluste schnell ausgleichen zu können.

 

B) Luftwaffe:

Durch Verstärken der Angriffs- und Abwehrkraft der im Westen und Dänemark befindlichen Verbände der Luftwaffe ist der neuen Gesamtlage Rechnung zu tragen. Hierbei ist vorzubereiten, daß alle verfügbaren und für den Abwehrkampf geeigneten Kräfte an fliegenden Verbänden und beweglicher Flakartillerie aus der Heimatluftverteidigung, aus Schulen und aus Ausbildungseinheiten des Heimatkriegsg­ebietes für den Einsatz im Westen und gegebenenfalls in Dänemark freigemacht werden.

Der Ausbau der Bodenorganisation in Südnorwegen, Dänemark, Nordwestdeutschland und im Westen ist so vorzubereiten und zu bevorraten, daß durch größtmögliche Auflockerung die eigenen Ver­bände bei beginnendem Großkampf den feindlichen Bombenangriffen entzogen werden und die Wirkung der feindlichen Angriffskraft zersplittert wird. Dies trifft besonders für die eigenen Jagdkräfte zu, deren Einsatzmöglichkeit durch zahlreiche Feldflugplätze erhöht werden muß. Auf beste Tarnung ist besonders zu achten. — Auch hier ich rücksichtsloses Bereitstellen aller Kräfte unter Entbloßen bedrohter Gebiete.

                                                                                                                                                       
Kriegsmarine:                                                                                                                                 

Kriegsmarine bereitet den Einsatz möglichst starker, zum Angriff gegen die feindlichen Landungsflotten geeigneter Seestreitkräfte vor. Die im Ausbau befindlichen Küstenverteidigungsanlagen sind mit größter Beschleunigung fertigzustellen, die Aufstellung weiterer Küstenbatterien sowie die Möglichkeit einer Auslegung Zusätzlicher Flankensperren ist zu prüfen.                                                          
Der Einsatz sämtlicher für den Erdkampf geeigneten Soldaten von Schulen, Lehrgängen und sonstigen Landkommandos ist so vorzubreiten, daß ihre Verwendung im Kampfgebiet feindlicher Landungsoperationen zumindestens als Sicherungsverbande in kürzester Frist erfolgen kann.

Bei den Vorbereitungen der Kriegsmarine für die Verstärkung der Verteidigung im Westraum ist die gleichzeitige Abwehr von Feind­landungen im norwegischen oder dänischen Raum besonders zu berücksichtigen. Hierbei messe ich der Bereitstellung zahlreicher U-Boote für die nördlichen Seegebiete besondere Bedeutung bei. Eine vorübergehende Schwächung der Atlantik-U-Bootskrafte muß in Kauf ge­nommen werden.

 

D) SS:

Reichsführer SS prüft das Bereitstellen von Kräften der Waffen-SS und Polizei zu Kampf-, Sicherungs- und Bewachungsaufgaben. Aus Ausbildungs-, Ersatz- und Ceneseneneinheiten sowie Schulen und sonstigen Einrichtungen im Heimatkriegsgebiet ist die Aufstellung von einsatzfähigen Verbanden für Kampf- und Sicherungsaufgaben vorzubereiten.

 

E)  Die Oberbefehlshaber der Wehrmachtteile, der Reichsführer SS, der Chef des Gen. St. d. H., der Ob. West, der Chef H Rust u BdE und der Generalinspekteur der Panzertruppen sowie der Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark melden mir bis 15. November die getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen.

Ich erwarte, daß in der noch zur Verfugung stehenden Zeit von allen Dienststellen mit höchster Anspannung die Vorbereitungen für die zu erwartende Entscheidungsschlacht im Westen getroffen werden.

Alle Verantwortlichen wachen darüber, daß nicht nutzlos Zeit und Arbeitskraft in Zuständigkeitsfragen vergeudet, sondern Abwehr­und Angriffskraft gefordert werden.

(gez.) Adolf Hitler

F.d.R.

Frhr. v. Buttlar

 

Verteiler:

Gen. St. d. H., zgl. für Gen. d. Art. und Gen. d. Pi.         1.-5. Ausf.

Ob.d.L. / Lw. Fu. Stab und Gen. Qu.                             6.-7. Ausf.

OKM/Skl. und Qu A 6                                                   8.-9. Ausf.

Reichsführer SS                                                             10. Ausf.

Ob. West                                                                       11. Ausf.

Chef H Rust u BdE                                                          12. Ausf.

Generalinspekteur der Pz. Truppen                                   13. Ausf.

Bfh.d. dt. Tr. i. Dänemark                                                14. Ausf.

W.Bfh. Norwegen (nachr.)                                               15. Ausf.

OKW

Chef OKW                                                                      16. Ausf.

WFSt

Stellv. Chef/Ktb                                                              17. Ausf.

Op. (H)                                                                          18. Ausf.

Op. (H) / West                                                                19. Ausf.

Op.(L)                                                                            20. Ausf.

Op.(M)                                                                           21. Ausf.

Qu                                                                                 22. Ausf.

Org.                                                                               23. Ausf.

Heeresstab b. Chef OKW                                                  24. Ausf.

Amt/Ausland / Abwehr                                                     25. Ausf.

Wehrmachttransportchef                                                  26. Ausf.

Chef W.N.W.                                                                   27. Ausf.